Bin ich schön genug?
28.04.15 18:00
Kamerascheu lässt sich überwinden
Nur mit guter Vorbereitung gelingt „Menschenfotografie”
„Make friends with the camera!”, sinngemäß übersetzt „Betrachte die Kamera als Freund!” – So lautet eine Grundregel, die Schauspielern und Models in ihrer Ausbildung mit auf den Weg gegeben wird. Dass dies nicht selbstverständlich ist, lässt sich bei jeder größeren Familienfeier beobachten. Da ist fast immer jemand dabei, der nicht gerne fotografiert wird. Die Kamera wird eher als Feind gesehen: „Da kommen meine Falten immer so deutlich raus.”
Das ist nicht anders, wenn Mitarbeiter zum Fotomodell werden sollen. Jeder, der in diesem Bereich fotografiert, kennt den Satz: „Ich lass mich aber nicht fotografieren, das steht nicht in meinem Arbeitsvertrag”. Unsicherheit und mangelnde Identifikation können Gründe dafür sein. Oft ist es aber einfach nur eine falsche Ansprache.
Niemand kann dazu gezwungen werden, sich für „seine” Firma ablichten zu lassen. Mit ein wenig Vorbereitung, rechtzeitiger Information, Einbindung der Mitarbeiter sowie positiver Stimmung werden jedoch die meisten Foto-Shootings zum positiven Erlebnis für alle Beteiligten.
Als Erstes: Bereiten Sie Ihre Mitarbeiter auf das anstehende Shooting möglichst langfristig vor! Niemand will morgens um 7:30 Uhr unangekündigt mit einer Kamera überfallen werden. Und jeder freut sich darüber, vorher noch zum Friseur gehen zu können oder sich bewusst für ein passendes Kleidungsstück entscheiden zu dürfen.
Machen Sie die Aktion also zu einem motivierenden Prozess, bei dem Information und Planung am Anfang stehen. Geben Sie Ihren Protagonisten das exklusive Gefühl, dass gerade sie oder er ausgewählt wurde, weil... Manchmal kann auch ein kleiner Anreiz, etwa die Übernahme der Friseurkosten, helfen, letzte Barrieren zu überwinden. Richtig als „Star” fühlt sich die oder der Abgebildete, wenn eine Stylistin das Shooting begleitet, die mit ein wenig Puder und Schminke für optimales Aussehen sorgt.
Ist es dann soweit, begleiten Sie nach Möglichkeit den Fotografen, damit der Mitarbeiter ein vertrautes Gesicht sieht und sich nicht der oder dem „Fremden mit der großen Kamera” schutzlos ausgeliefert fühlt. Unsere Fotografinnen und Fotografen versuchen, schnell eine persönliche Ebene zu ihrem Modell aufzubauen. Sie sehen sich das Arbeitsumfeld an. Oft finden sich dort Hinweise, die Anknüpfungspunkte für ein nettes Gespräch sein können: Urlaubsfotos etwa oder der Wimpel vom heimischen Fußballklub. Diese Kommunikation im Vorfeld ist immens wichtig und hilfreich. Es ist gewissermaßen wie das „Warmmachen” vor dem Joggen.
Unsere Fotografen gehen auf ihr Gegenüber ein und geben ihm das Gefühl der Wertschätzung. Sie nehmen seine Wünsche und Bedürfnisse ernst. Was Sie als Auftraggeber schön finden, kann aus Sicht des Mitarbeiters ganz anders aussehen. Zwischen Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung liegt oft der Kosmos einer empfindsamen menschlichen Seele. Gute Menschenfotografie ist ein Geschäft auf Gegenseitigkeit. Deshalb dürfen Menschen niemals zu Posen gezwungen werden, die nicht sowieso in ihrer Körpersprache enthalten sind, so etwas wird immer affektiert aussehen. Haben Sie Geduld und rechnen Sie damit, dass es schon einmal ein wenig länger dauern kann, bis alles im Kasten ist.
Um Unsicherheiten zu nehmen, wird der Fotograf erste Ergebnisse noch während des Shootings zeigen. Die meisten Menschen sind noch nie professionell fotografiert worden. Gute Ergebnisse machen ihnen Mut und entspannen sie. Danach wird meist alles leichter.
Üben Sie keinen Druck aus! Niemals! Sprüche wie „Das müssen Sie aber jetzt für das Unternehmen tun.” führen immer zur Trotzhaltung, aber keinesfalls zu einem wahrhaftigen und sympathischen Foto. Das bedeutet auch, dass ein definitives „Nein” zu akzeptieren ist. Und eines nicht vergessen: Egal, wie positiv die Stimmung beim Fotoshooting ist, auf eine schriftliche Einverständniserklärung des Mitarbeiters darf nicht verzichtet werden.